2003 · L'Empio Punito · Melani · Rousset · Vigner (DE)
Im Mai 2003 inszeniert Vigner L'EMPIO PUNITO von ALESSANDRO MELANI für das Bachfest Leipzig, seine zweite Oper mit dem Dirigenten CHRISTOPHE ROUSSET und dem Ensemble LES TALENS LYRIQUES. Es singen MARGUERITE KRULL, MARIKA SCHÖNBERG, KRISTINA HANSSON, KATHRIN GÖRING, PAUL KONG, RICKARD SÖDERBERG, TUOMAS PURSIO und MARTIN PETZOLD.
L'EMPIO PUNITO (Der bestrafte Gottlose) wurde 1669 für den Karneval in Rom komponiert, ein Jahrhundert vor MOZARTs DON GIOVANNI. MELANI und der Librettist FILIPPO ACCIAIUOLI behandeln den Don-Juan-Stoff als erste in der Oper. Sie bedienen sich der Metaphorik und poetischer Bilder, um das auszudrücken, was nicht offen gesagt werden kann. Es gibt weder konkrete Orte und Räume, noch genau nachvollziehbare Zeitverläufe.
"Diese Oper kann für meine Begriffe nur im Orient spielen. Ihre ganze Atmosphäre und die Abgeschlossenheit von Atraces Reich sprechen für eine orientalische Welt und orientalisches Denken. Im 17. und 18. Jahrhundert herrschte in den europäischen Ländern, speziell in Italien, eine große Faszination vom Orient. Italien hatte ja die Türken, das damalige osmanische Reich, direkt vor der Haustür. Trotz dieser territorialen Nähe barg der Orient auf Grund seiner kulturellen Andersartigkeit eine Fülle von Geheimnissen. An das Interesse an allem Türkischen hatten sich auch Vorstellungen und Phantasien bezüglich Erotik und Sinnlichkeit geknüpft. Denken wir nur an die Existenz des Serails, das an westlichen Höfen Neugier erweckte. Andererseits verbindet sich mit dem Bild vom Orient auch eine gewisse Form der Grausamkeit, des Unausgesprochenen, Verborgenen und Schattenhaften. Das Theater des 17. und 18. Jahrhunderts, z. B. Molière, nimmt sich mit Vorliebe orientalischer Sujets an, um in deren spielerische Phantasie und erotische Motivation hineinzutauchen. Das ging Librettisten und Komponisten dieser Zeit nicht anders."
ÉRIC VIGNER
"Der Raum ist Ur-Materie. Er ist vergleichbar mit Gold, das noch nicht behandelt worden ist. Es ist eine harte, kompakte Materie, in der ungeheuer viel Kraft steckt. Dabei handelt es sich um eine abgeschlossene Welt mit ihren eigenen Gesetzen, in die normalerweise nichts von außen eindringen kann, eine Art goldener Käfig. Der erste Akt spielt in einer Welt, die noch im Schatten liegt. Das Gold ist noch nicht aktiviert. Im Laufe des Stückes kommt Licht in diese Welt durch Acrimante. Er selbst ist schwarz gekleidet, trägt aber durch sein Wesen das Licht in diese Welt hinein. Er entzündet sie, so dass sie von innen heraus leuchtet. Es wird auch im übertragenen Sinn hell: jede der Figuren lernt etwas über sich selbst."
ÉV
© Photographie: Alain Fonteray
Zusammenfassung der Texte: Jutta Johanna Weiss
Übersetzung aus dem Französischen: Herbert Kaiser
© CDDB-Théâtre de Lorient